Eine filmische Dokumentation der Ferienkurse 2020 der Studiengänge Theaterpädagogik/Lehramt Theater, Universität der Künste Berlin
Konzept und Kuratierung der Ferienkurse 2020: Martina Leeker
Dokumentation: Martina Leeker, Postproduktion: Daniel Sonntag
Die Veranstaltung bestand aus dem Symposium „Why Theatre and Digitality?“ (12.10.2020), aus vier 5-tägigen Werkstätten (12. 10 – 16.10. 2020) zu „Theater und Digitalität“ sowie der Präsentation von deren Ergebnissen (16.10.2020).
Die Dokumentation umfasst drei Bestandteile: Mitschnitte des Symposiums und der Präsentation der Werkstätten dokumentieren aktuelle Ästhetiken und Methoden bei der Auseinandersetzung mit Theater und Digitalität. In einem Gespräch werden zum einen Stoßrichtung und Bedeutung von Theater und Digitalität für digitale Kulturen sowie zum anderen die Herausforderungen und Chancen von Digitalisierung und Digitalität für theaterpädagogisches Arbeiten und Ausbilden erörtert. Es diskutieren: Sabine Köstler-Kilian (StDin Sabine Köstler-Kilian, Studienfachkoordinatorin und Dozentin im Studiengang, Universität Erlangen/Nürnberg) und Martina Leeker (Theater- und Medienwissenschaftlerin sowie Wissens-Performances und Speculation-Labs).
Symposium (12.10.2020)
Mit: Kay Voges (Intendant Volkstheater Wien, Gründungsdirektor Akademie für Theater und Digitalität, Dortmund), Marcel Karnapke, Björn Lengers (CyberRäuber), Janne Nora Kummer (virtuellestheater), Yana Eva Thönnes (THE AGENCY), Marco Donnarumma
Werkstätten (12.10.–16.10.2020, Online-Lehre)
Von: Marcel Karnapke, Björn Lengers (CyberRäuber), Janne Nora Kummer (virtuellestheater), Yana Eva Thönnes (THE AGENCY), Marco Donnarumma
Weiterführende Literatur zu „Theater und Digitalität“:
- Martina Leeker, Posthumanes Theater. Performativität des Digitalen als Chance. In: Bund Deutscher Amateurtheater, Jahresthema Darstellende Künste und Digitalisierung, 2020
https://bdat.info/wp-content/uploads/2020/07/Jahresthema_Martina-Leeker.pdf - Judith Ackermann. Keynote Judith Ackermann – Jahreskonferenz Dramaturgische Gesellschaft, 2021
https://vimeo.com/503886002 Keynote Judith Ackerman - Heinrich-Böll-Stiftung/nachtkritik.de/weltuebergang.net (Hg.): Netztheater. Positionen, Praxis, Produktionen. Red. Sophie Diesselhorst/Christiane Hütter/Christian Rakow/Christian Römer. 2020.
https://www.boell.de/sites/default/files/2020-10/Boell_Netztheater_V02_kommentierbar.pdf?dimension1=division_knm
Symposium (12.10.2020)
Konzept und Kuratierung: Martina Leeker
Mit: Kay Voges (Intendant Volkstheater Wien, Gründungsdirektor Akademie für Theater und Digitalität, Dortmund), Marcel Karnapke, Björn Lengers (CyberRäuber), Janne Nora Kummer (virtuellestheater), Yana Eva Thönnes (THE AGENCY), Marco Donnarumma.
Theater und Performance recherchieren und entwickeln schon seit mehreren Jahren intensiv Darstellungsmöglichkeiten, Dramaturgien, Erzählweisen und Ästhetiken im Kontext von Digitalität. Die aktuelle Corona-Pandemie hat die Wichtigkeit dieser Arbeiten in dem Moment gezeigt, als Liveness als Konstituens von Theater und Performance ausfielen. Schon vor der Krise waren die Verbindungen von Theater/Performance und digitalen Möglichkeiten relevant und sie werden es nach ihr erst recht sein. Es steht nämlich in Frage, wie sich Theater und Performance in einer Kultur verändern, in der menschliche und technische Agierende eine Handlungsgemeinschaft bilden.
Das Symposium fragte nach Konzepten für die Verbindung von Theater/Performance und Digitalität. International renommierte Theatermacher_innen gaben Auskunft. Kay Voges, seit Sommer 2020 Intendant des Volkstheaters in Wien und Gründungsdirektor der innovativen und richtungsweisenden „Akademie für Theater und Digitalität“ am Theater Dortmund, ist Vorreiter für dieses “digitale Theater” und geht der immer neu auszutarierenden Ambivalenz der techno-humanen Entgrenzungen nach. Marcel Karnapke und Björn Lengers (Berlin) stellen als CyberRäuber die Arbeit mit Virtuelle Realitäten in den Mittelpunkt ihrer Arbeit und untersuchen die Möglichkeiten der Verknüpfung von physikalischen und digitalen Räumen und Körpern. Marco Donnarumma (Berlin) erschafft Formen erweiterter Körperlichkeit im Umgang mit Sensoren und künstlicher Intelligenz auf der Bühne. Yana Eva Thönnes von der Performancegruppe THE AGENCY (München) fragt nach dem Zustand von Begehren, Gefühlen und Identität in digitalen Kulturen sowie nach den Möglichkeiten einer subversiven Auseinandersetzung mit diesen. Janne Nora Kummer von der Performancegruppe virtuellestheater (Berlin) fragt danach, wie digitale Strukturen genutzt werden können, um von einer Welt zu erzählen, in der wir gerne leben würden.
Weiterführende Literatur zu „Theater und Digitalität“:
- Martina Leeker, Posthumanes Theater. Performativität des Digitalen als Chance. In: Bund Deutscher Amateurtheater, Jahresthema Darstellende Künste und Digitalisierung, 2020
https://bdat.info/wp-content/uploads/2020/07/Jahresthema_Martina-Leeker.pdf - Judith Ackermann. Keynote Judith Ackermann – Jahreskonferenz Dramaturgische Gesellschaft, 2021
https://vimeo.com/503886002 Keynote Judith Ackerman - Heinrich-Böll-Stiftung/nachtkritik.de/weltuebergang.net (Hg.): Netztheater. Positionen, Praxis, Produktionen. Red. Sophie Diesselhorst/Christiane Hütter/Christian Rakow/Christian Römer. 2020.
https://www.boell.de/sites/default/files/2020-10/Boell_Netztheater_V02_kommentierbar.pdf?dimension1=division_knm
Yana Eva Thönnes, THE AGENCY
Wa(h)re Gefühle – Emotionen, Emodities, Emoticons – was bedeuten Gefühle auf der Bühne im post-digitalen Zeitalter?
Im Workshop “Wa(h)re Gefühle” beschäftigen wir uns mit der Produktion von Emotionen und deren ökonomischer Verwertung in verschiedenen Framings der Real World und in der Performance.
Zunächst steht die Lektüre von Eva Illouz’ titelgebendem Buch “Wa(h)re Gefühle – Authentizität im Konsumkapitalismus” im Vordergrund, in dem sie die These aufstellt, Gefühle entwickelten sich unter dem Druck der Verwertbarkeit zu Waren, sogenannten strategisch einsetzbaren „Emodities“. Diese Annahme wirft die Frage auf, inwiefern emotionale Authentizität noch denk- und erlebbar ist oder sich die Unterscheidung von real versus fake gegenwärtig auflöst.
Im Workshop wird uns beschäftigen, was diese These für die Darstellung und Produktion von Gefühlen auf der Bühne bzw. in der Performance bedeutet: Wie ließen sich subversive künstlerische Praktiken denken, die Illouz These als Voraussetzung annehmen? Wie ließe sich eine post-authentische Emotionalität adressieren oder auf der Bühne oder in der Performance herstellen?
Der Workshop wird die Lektüre mit körperlichen Übungen und Characterbuilding verbinden und verschiedener künstlerische Arbeiten diskutieren.
CV
Yana Thönnes lebt und arbeitet in München, ist gemeinsam mit Belle Santos, Magdalena Emmerig und Rahel Spöhrer künstlerische Leiterin der Performance Company THE AGENCY. Zusammen kreieren sie immersive Performances, die mit den Formaten und Erscheinungsformen des Neoliberalismus experimentieren, um diesen zu subvertieren. In ihren Arbeiten werden die Zuschauer*innen zB. als potentielles Mitglied einer Bewegung oder als Kund*in angesprochen. THE AGENCY beschäftigt sich mit den Strategien der Corporate Identity und des Brandings. Yanas Praxis als Regisseurin basiert auf ihrem Interesse an (bio)politischen Strategien und wie diese mit der Konstruktion von Körpern und Identitäten verwoben sind. Ihre Arbeiten waren u.a. an der Akademie der Künste Berlin, den Münchner Kammerspielen, der Gessnerallee Zürich, Tanz im August, der Athen Biennale 2018 und am Pact Zollverein in Essen zu sehen.
Homepage: https://www.postpragmaticsolutions.com/about
Janne Nora Kummer, virtuellestheater
Narrations for a (Post)Digital Age
Geschichten erzählen ist etwas zutiefst Menschliches, doch ihre Form und ihr Inhalt variieren stark, je nach Gesellschaft und Zeitlichkeit. Wir werden gemeinsam untersuchen, wie unsere digitale Lebensweise unsere Art zu erzählen und Erzählungen zu rezipieren verändert. Wie finden wir in digitalen Strukturen, oder in unserem digitalen Nutzungsverhalten und Gewohnheiten Inspiration für Erzähldramaturgien, abseits der Norm?
Wie können wir Geschichten kreieren, die die herrschenden Dualismen herausfordern und von einer Welt erzählen, in der wir gerne leben möchten?
Wir werden aus unseren persönlichen Erfahrungen schöpfen und eine kollektive performative Videoarbeit produzieren.
CV
Janne Nora Kummer ist Regisseurin, Performance- und Multimediakünstlerin. Sie lehrt und forscht zum Thema Körper und Digitalisierung, Techno/Cyberfeminismus, Neuer Materialismus und Non-Human-Agency im Master Spiel&&Objekt an der HfS Ernst Busch und ist festes Mitglied des Künstler*innenzusammenschlusses VT (virtuellestheater). In ihrer künstlerischen Praxis entwickelt sie alternative Narrative und Erzählformate, die der Komplexität einer durch Technologie, Digitalisierung und Globalisierung geprägten Welt gerecht werden und sich außerhalb etablierter Machtmechanismen bewegen.
Homepage: https://www.jannenorakummer.de/, https://virtuellestheater.net/
Marcel Karnapke und Björn Lengers, CyberRäuber
CyberTheater 2020. Telepräsente Technologien für neue narrative Formate
Als CyberRäuber arbeiten wir seit mehreren Jahren an der Verknüpfung von Kunst, Kultur und neusten Technologien. In diesem Workshop geben wir einen Überblick über neue narrative Formate.
Virtuelle Bühnen, künstliche Intelligenz, die Texte erzeugt oder Regie führt, sowie Augmented-Reality halten langsam Einzug in den Alltag und werden zunehmend unser post-pandemisches Leben umgestalten. Wir möchten im Rahmen dieses Workshops an einige neue Werkzeuge und Möglichkeiten des Internet-basierten Erzählens heranführen. Ziel des Workshops soll es sein, Geschichten zu entwerfen, die vernetzt erzählt und gemeinsam mit dem Publikum live erlebt werden können.
Da wir auch auf Technologien wie VR und Multiplayer setzen, ist es von Vorteil, einen Windows PC zu besitzen. Mac-User können ebenfalls gern teilnehmen, würden aber ggf. andere Rollen in den Gruppe übernehmen. Wir arbeiten über Videokonferenzen und teilweise VRChat zusammen.
CV
Marcel Karnapke ist Medienkünstler und Programmierer, honorierter Absolvent der Bauhaus-Universität in Weimar, Björn Lengers gelernter Kaufmann und Programmierer. Als CyberRäuber arbeiten sie seit 2016 gemeinsam an der Verbindung von digitalen Medien und darstellender Kunst. Laut Theater der Zeit (12/2019) zeichnet beide “eine wohl einzigartige Mischung aus Technologieaffinität, Pioniergeist, Pragmatismus und Liebe zum Theater aus”. In den letzten Arbeiten (Fragmente, Prometheus, CyberBallet) kamen zunehmend neuronale Netze und andere machine learning Methoden zum Einsatz.
Homepage: http://wp11159761.server-he.de/vtheater/de
Marco Donnarumma
Body and Digitality: Human-Machine Configurations in the Performing Arts
How emerging technologies can be used to emphasise corporeality in theater, dance and performance art? How to foreground the nuances of a performer’s physicality through algorithms, sensors and robotics? How technological machines can be used and abused to manipulate and physically transform the human body of a performer on stage?
In this workshop, participants will explore these questions through the artistic, technical and theoretical insight of Marco Donnarumma, artist, performer and stage director working at the crossroad of contemporary performance, media art and music since the early 2000s.
Through this journey, participants will: familiarise with and reflect on notions from performance art, gender and disability studies; understand and try out applications of biophysical sensors and AI algorithms to movement improvisation and dramaturgy; and delve into the use of sound as a physical force capable of resonating bodies and spaces.
CV
Marco Donnarumma (DE) is an artist, performer and scholar weaving together contemporary performance, new media art and computer music since the early 2000s. He manipulates bodies, creates choreographies, engineers technology and composes sounds, thus combining disciplines and media into an oneiric, sensual, uncompromising aesthetics. He is internationally acknowledged for solo performances, stage productions and installations where the body becomes a morphing language to speak critically of ritual, power and technology. Donnarumma holds a Ph.D. in performing arts, computing and body theory from Goldsmiths, University of London.
Homepage: https://marcodonnarumma.com/